Ich hab mir letztes Jahr im September (ja, im September, ich plane gern voraus) so einen Adventskalender mit Jutebeuteln für 10,99 Euro gekauft. Sah auf Amazon gut aus. 24 Beutel, schöne Kette. Dachte mir nichts dabei.
Dann kam Oktober und ich saß da und dachte: Ups. Was pack ich da jetzt rein.
Schokolade ist zu langweilig. Teebeutel auch. Diese Mini-Bodylotions aus der Drogerie? Meine Güte, nein. Hab dann erstmal drei Wochen prokrastiniert und mir YouTube-Videos angeschaut von Leuten, die das viel besser können als ich.
Irgendwann (glaub es war nachts um 1 und ich hatte zu viel Kaffee) hab ich angefangen zu schreiben. Einfach Listen gemacht. Was mögen wir? Was machen wir nie, obwohl wir’s eigentlich wollen? Was nervt uns? (Das letzte hab ich dann doch nicht verwendet.)

Die Challenge-Zettel (oder: wie wir plötzlich doch mal was Neues gekocht haben)
Erste konkrete Idee: Kleine Challenges aufschreiben. Klingt jetzt mega nach Instagram-Content, aber ich schwöre es war ehrlich gemeint.
Hab dann Sachen geschrieben wie „Heute kochen wir was Neues“ – wir essen seit drei Jahren hauptsächlich Pasta mit verschiedenen Soßen, ehrlich gesagt. Oder „Winterspaziergang“ – klingt romantisch, war aber eiskalt und wir haben uns ein bisschen gestritten weil einer von uns (ich) keine warmen Socken angezogen hat.
Dann noch „Du kriegst ne Massage“. Muss dazu sagen, ich kann keine Massagen geben. Hab null Ahnung. Aber Youtube ist dein Freund und nach 15 Minuten unbeholfenen Rumgedrückes wars eigentlich ganz okay? Zumindest gabs keine Beschwerden.
Die beste Idee war aber: 24 Stunden ohne Handy. Beide. Komplett weg. Haben wir wirklich gemacht, an einem Samstag. War erst super weird. Ich hab bestimmt zehnmal automatisch nach dem Handy gegriffen, das gar nicht da war. Aber dann… haben wir halt nur geredet. Und Kaffee getrunken. Und irgendwelche alten Brettspiele gespielt die wir seit Jahren nicht mehr angefasst haben. War tatsächlich richtig schön.
Ach ja und Gutscheine. Klassiker, ich weiß. Aber nicht für „ein romantisches Abendessen“ oder sowas gekünsteltes. Eher „Spieleabend und du darfst aussuchen“ (normalerweise bestimme ich das nämlich) oder „Wir gucken alte Fotos und du darfst zehn Minuten lang über deine Ex-Frisuren lachen“. Solche Sachen.
Plus: Jeden Tag ne kleine Nachricht aufschreiben. Manchmal nur ein Satz. „Ich mag wie du morgens aussiehst“ (auch mit Zahnpasta im Gesicht). Oder „Erinnerst du dich noch an unser erstes Date?“ (Wir erinnern uns unterschiedlich daran, ist jedes Mal lustig). Kitschig? Ja. Hat trotzdem funktioniert? Auch ja.
Dann bin ich durchgedreht (kreativ gemeint)
So gegen Mitte Oktober, nachdem ich ein paar Beutel befüllt hatte, dachte ich mir: Das reicht nicht. Ich will mehr. Keine Ahnung warum, war vielleicht diese Hochphase wo man denkt man schafft alles.
Bucket List Büchlein
Hab ein leeres Notizbuch genommen – so eins mit blanko Seiten, ihr wisst schon. Auf jede Seite kam eine Frage. „Was willst du nächstes Jahr unbedingt machen?“ auf Seite eins. „Wohin wollen wir reisen?“ auf Seite zwei. „Was wolltest du schon immer lernen?“ auf Seite drei. Und so weiter.
Die Idee war: Jeden Tag machen wir eine Seite zusammen. Schreiben drauf, malen vielleicht, kleben Bilder ein. Am Ende vom Advent haben wir ein Buch voll mit Plänen und Träumen und unrealistischen Ideen.
Hat geklappt? Ja! Haben wir alle Pläne umgesetzt? Natürlich nicht, wer macht das schon. Aber wir haben jetzt dieses Buch und manchmal blättern wir durch und lachen über „Weltreise – Februar bis November“ (als ob).
USB Stick mit Songs
Das. Hat. Ewig. Gedauert.
Ich wollte 24 Songs raussuchen, die für uns wichtig sind. Klingt easy, oder? IST ES NICHT. Ich saß da mehrere Abende und bin meine Spotify-Playlists durchgegangen. Hab alte Screenshots von Konzerten durchsucht. Hab sogar in meinem Email-Postfach nach Ticketbestätigungen gesucht um mich zu erinnern, was wir wann gesehen haben.
Am Ende hatte ich die Songs. Zu jedem eine kleine Karte geschrieben: „Das lief bei unserem ersten Date“ (stimmt nicht ganz, war eigentlich das zweite Date, aber egal). „Das singst du immer komplett falsch unter der Dusche“ (wahr). „Das war unser Sommer 2022 Song“ (haben wir auf repeat gehört im Auto).
War übrigens voll emotional beim Zusammenstellen. Musik ist halt so… verbunden mit Erinnerungen? Keine Ahnung, vielleicht bin ich auch nur sentimental geworden.
Origami (obwohl ich zwei linke Hände hab)
Jetzt wirds peinlich. Ich dachte mir, ich lerne Origami. ORIGAMI. Ich, die Person die in der Grundschule im Werkunterricht durchgefallen ist.
YouTube-Tutorials sind Gott. Hab mir Videos angeschaut, wie man Herzen faltet. Und Sterne. Und diese Kranich-Dinger. Mein erster Versuch sah aus wie… ich sag mal, wie ein Unfall. In den Müll damit.
Versuch zwei: Auch Müll.
Versuch drei bis fünfzehn: Ihr könnt es euch denken.
Aber irgendwann (nach geschätzt zwei Stunden und einem halben Wald an verbrauchtem Papier) hatte ich den Dreh raus. So halbwegs. Die Origamis waren nicht perfekt aber erkennbar.
Auf jedes Papier hab ich vorher ne kleine Nachricht geschrieben, dann gefaltet. Hat insgesamt bestimmt zehn Stunden gedauert über mehrere Wochenenden verteilt. Meine Finger haben wehgetan. Aber die Teile sahen am Ende richtig gut aus. Schief, aber mit Liebe gemacht oder wie man so schön sagt.
Die Kette (weil ich nie aufhören kann)
Die Jutebeutel hingen ja an dieser Schnur quer durch unser Wohnzimmer. Sah erstmal ein bisschen chaotisch aus, ehrlich gesagt.
Dann dachte ich: Was wenn die Kette auch wächst? Also hab ich für jeden Tag, wo ein Beutel aufgemacht wurde, einen neuen Anhänger an die Kette gehängt. Perlen aus meiner alten Schmuckschachtel. Mini-Glücksbringer vom Flohmarkt (hab extra einen Nachmittag auf dem Flohmarkt verbracht, war kalt). Aus Filz hab ich Buchstaben ausgeschnitten – sah handwerklich gesehen bescheiden aus, aber war halt self-made.
Ende Dezember war die ganze Kette voll mit diesem Zeug und sah… interessant aus. Nicht Instagram-würdig, aber uns hat’s gefallen. Die hängt übrigens immer noch bei uns. Wir wollten sie nach Weihnachten abnehmen, haben’s dann aber nicht gemacht. Ist jetzt halt Deko.
Jeden einzelnen Beutel hab ich auch noch individuell „verschönert“ – also kleine Anhänger dran die zum Inhalt passten. Beim Spieleabend-Gutschein nen Mini-Würfel. Beim Spaziergang nen winzigen Schuh (aus nem alten Schlüsselanhänger). Musste ich alles zusammensuchen über Wochen. War wie eine Schnitzeljagd in meiner eigenen Wohnung und in jedem zweiten Laden.
Die absurden Ideen (aka warum hab ich das gemacht)
Irgendwann in dieser ganzen Phase – ich glaub das war Ende Oktober – hatte ich das Gefühl, das ist alles noch nicht genug. Keine Ahnung warum. Vielleicht weil ich schon so viel Zeit investiert hatte? Sunk cost fallacy und so?
Jedenfalls kamen mir noch drei Ideen. Die letzten drei. Die niemand macht, weil sie ein bisschen verrückt sind.
Der Ein-Personen-Podcast
Also. Ich hab mir eine dieser einfachen Website-Baukasten-Dinger geholt (gibt’s kostenlos, Wix oder sowas). Und dort jeden Tag eine Sprachnachricht hochgeladen.
Jeden. Einzelnen. Tag.
Manchmal nur 30 Sekunden. „Hey, ich hab heute an dich gedacht weil…“ Oder „Erinnerst du dich noch als wir…“ Manchmal auch länger, zwei drei Minuten. Geschichten erzählt. Lustige Sachen. Peinliche Erinnerungen.
In jeden Beutel kam dann ein QR-Code (selbst gedruckt, sah semi-professionell aus). Scannen, anhören. Das war’s.
Diese Idee kam tatsächlich am besten an von allem. Weil so ne Stimme ist halt anders als Text? Man hört die Emotion, das Lachen, die Pausen. War persönlicher als alles andere.
Glücksmomente aufschreiben (für mich selbst)
Das war nicht mal für den Kalender direkt. Ich hab mir nur gedacht: Ich schreib jeden Tag im Dezember einen schönen Moment auf. Einen einzigen.
„Heute hat es geschneit und alles sah aus wie in einem Film.“
„Wir haben beim Frühstück über was total Dummes gelacht.“
„Du hast mir Kaffee gemacht ohne dass ich fragen musste.“
Solche Kleinigkeiten halt. Am 24. Dezember hab ich alle Zettel rausgeholt und wir haben sie zusammen gelesen. War… ich sag mal, war ein Moment. Stiller als ich erwartet hatte. Und irgendwie richtig schön, sich an all diese kleinen Dinge zu erinnern.
Rubbellose (DIY Edition)
Die absurdeste Idee von allen. Ich wollte Rubbellose machen. Selbst. Weil… keine Ahnung warum ehrlich gesagt.
Hab kleine Karten gemacht. Drauf geschrieben: „Gewinn: Frühstück ans Bett“. „Gewinn: Ich übernehme heute deine Hausarbeit“. „Gewinn: Ein ehrliches Kompliment, sofort“. Und noch so 15 andere Sachen.
Dann ins Bastelgeschäft, nach Rubbelstickern gefragt. Die Verkäuferin hat mich angeschaut als wär ich verrückt. Aber die haben sowas tatsächlich. Graue Sticker, die man aufkleben kann und dann wegkratzen muss.
Aufgeklebt. Fertig. Sah aus wie echte Rubbellose, nur selbstgemacht und ein bisschen krumm.
Das Aufrubbeln war dann tatsächlich der Hit. Dieser kleine Spannungsmoment, was kommt jetzt? Albern, aber hat funktioniert.
Was ich gelernt hab (oder auch nicht)
Also erstens: Das war SO VIEL ARBEIT. Ich hab Mitte Oktober angefangen und war bis Ende November beschäftigt. An manchen Tagen hab ich gar nichts gemacht, an anderen hab ich stundenlang gebastelt. Meine Wohnung sah aus wie ein Explosions-Bastelladen. Überall Papier, Schnüre, Perlen, USB-Sticks.
Zweitens: Es war teurer als gedacht. Nicht krass teuer, aber so 40-50 Euro haben sich schon angesammelt. Material, der USB-Stick, Druckerpatronen (für die QR-Codes), Bastelkram. Trotzdem billiger als die meisten fertigen Premium-Kalender.
Drittens: Ich hab mehrfach gedacht „Warum mach ich das eigentlich?“ Besonders als ich zum dritten Mal zum Bastelladen musste weil mir schon wieder irgendwas ausgegangen war. Oder als das Origami einfach nicht klappen wollte. Oder als ich nachts um halb zwölf noch Sprachnachrichten aufgenommen hab und gehofft hab dass die Nachbarn das nicht hören.
Aber: Es war gut. Der Kalender war nicht perfekt. Manche Sachen sind schiefgelaufen. Ein Beutel war am Ende leer weil ich vergessen hab was da rein sollte (haben wir spontan mit Gummibärchen gefüllt). Die Origamis waren krumm. Meine Handschrift auf manchen Zetteln war unleserlich. Ein QR-Code hat nicht funktioniert beim ersten Mal.
Und genau deswegen war’s gut, glaub ich. Weil es echt war. Nicht so ein perfektes Pinterest-Projekt wo alles symmetrisch ist und in pastellfarben und mit Kalligraphie beschriftet.
Falls ihr sowas auch machen wollt: Plant Zeit ein. Viel Zeit. Fangt nicht im November an, das wird nur Stress. Überlegt euch grob was ihr machen wollt, aber plant nicht alles durch – die besten Ideen kommen eh spontan (bei mir zumindest). Kauft mehr Material als ihr denkt zu brauchen. Ernsthaft. Ich hab drei Mal nachkaufen müssen.
Und habt Spaß dabei. Wenn ihr beim Vorbereiten schon genervt seid und es nur „abhaken“ wollt, dann lasst es lieber. Dann kauft halt doch Schokolade, ist auch okay.
Aber wenn ihr Lust habt auf so ein Projekt, dann macht es. Ist es aufwendig? Ja. Ist es manchmal frustrierend? Definitiv. Ist es am Ende das wert? War es bei mir.
Hi, this is a comment.
To get started with moderating, editing, and deleting comments, please visit the Comments screen in the dashboard.
Commenter avatars come from Gravatar.